Jade
Gedanken und Emotionen zu Jade
Im Wort Trauma steckt das Wort Traum. Wir halten diesen Traum jedoch für Realität und bilden uns ein, dass alles genau so passiert ist, wie wir uns erinnern. So lange wir in der Ansicht verharren, wachen wir aus dem Traum auch nicht auf. Unsere Erinnerung beherrscht hat unser Leben.
Die zentrale Frage war: Was aber wäre, wenn wir diese traumatischen Erinnerungen einfach weggeben könnten?
Die Entscheidung, was und wann eine Erfahrung belastend war, trifft jeder Mensch selbst. Einer braucht das Gefühl, lebendig begraben zu werden, um anzufangen, sich ernsthaft Sorgen zu machen. Jemand anderes empfindet den Anblick von Blut beim versehentlichen Schnitt mit dem Küchenmesser als einen Weltuntergang. Wann eine Erfahrung zu viel ist, wie viel jeder einzelne Mensch verkraftet oder nicht, das alles entscheidet jeder persönlich. Es wäre anmaßend zu behaupten, ein versuchter Mord zählt mehr als jahrelange Misshandlung durch die Eltern. Die Belastung entsteht nicht, weil es gesehen ist, sondern wie wir im Nachhinein damit umgehen.
Viele Erfahrungen in meiner Kindheit mit meinen Eltern habe ich als normal empfunden, weil die Eltern meiner Freundinnen sich ähnlich verhalten haben. Die Polizei war im Schnitt jede Woche in unserer Gegend bei irgend einem Elternteil, weil lautstark gestritten und verletzt wurde. Gefühl kam die Polizei öfter zu uns nach Hause. Es war der Normalzustand. Erst später, als Erwachsene, wenn ich über meine Kindheit erzählt hatte, blickte ich in irritierte und entsetzte Gesichter. Ich fragte dann, warum sie mich so ansahen? Und die Antwort verblüffte mich: Weil es nicht normal war, was meine Eltern getan hatten. Nun ja, es fühlte sich dato normal an. Plötzlich wurde ich mit Aufarbeitung konfrontiert zu vielen Themen, die für mich bis dato kein Problem waren. Aber für die anderen. Also machte ich unbewusst diese Themen zu meinem Problem und dadurch Gefühle von Wut, Enttäuschung, Schuld und Verletzung. Plötzlich war meine Kindheit, die in vielen belangen unbeschwert und frei war eine traumatische Belastung geworden. Und das alles nur, weil ich mich von anderen davon überzeugen ließ, es so betrachten zu müssen.. Aus dieser Betrachtung heraus, blendete ich ein Jahrzehnt alles aus, was positiv war und fokussierte mich mehr und mehr auf das Traumatische. Das üble, das was nicht normal war und niemals passieren durfte.
Dadurch wurde ich blind für eine Tatsache: Kein Mensch erlebt ein Leben lang Sonnenschein. Wir alle haben für unseren Verstand schlimme Erfahrungen erlebt, die wir als negativ, traumatisch oder unnormal bewerten. Das Leben ist aber nicht eine Aneinanderreihung von schönen Erfahrungen, sondern die Erfahrung der gesamten Emotionspalette.
Jade ist dieser fiktive Charakter, die stellvertretend für alle steht, von denen wir uns eine Ansicht aufschwatzen ließen, wie wir unsere Erfahrungen betrachten sollen. Sie steht für diejenigen, die nicht damit klarkommen, dass es alle möglichen Erfahrungen gibt. Für die bevormundenden, die anderen ihr Leben vorschreiben wollen und selbst mit ihrem Makel nicht klar kommen. Jade steht auch noch für eine weitere Möglichkeit: Du kannst ihr stellvertretend alle deine Erinnerungen und Ansichten, die du von anderen Übernommen hast, zurückgeben. Du musst nicht weiter davon überzeugt sein, dass das, was du erlebt hast, unnormal ist und wie ein Krebsgeschwür herausgeschnitten werden muss. Denn alle deine Erfahrungen sind ein wichtiger Cliffhanger für den weiteren Verlauf deines wunderschönen und einzigartigen Lebensfilmes.
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